Bis auf die Königsallee in Düsseldorf konnte das Handelsblatt "den süßlichen Geruch" eines Parfüms namens Fierce erschnuppern. Intensiv, so schreibt das Wirtschaftsblatt, parfümiere die Kult-Modefirma Abercrombie & Fitch damit ihre hippen Filialen.
Weitaus subtiler sollen dagegen andere Unternehmen die Geruchsnerven ihrer Kundschaft umschmeicheln. Duftsäulen und Klimaanlagen pusten die Aromen an der Schwelle der Wahrnehmbarkeit in die Verkaufsräume, so die Aussage der Hersteller. Selbst in Bioläden und Apotheken sind die Luftverbesserer schon gesichtet worden.
Duftmarketing verspricht Wohlfühl-Atmosphäre - sogar im Plastemief von Ein-Euro-Shops. "Wo es gut riecht, bleibt der Kunde länger. Wo er länger bleibt, kauft er meistens auch mehr ein" - lautet das Credo der Branche.
Zu ihren Referenzkunden zählt sie namhafte Einzelhandelsketten wie Mediamarkt und Saturn, wie Galeria Kaufhof und Karstadt, Reno und Rewe, Edeka und Spar, Adidas, Esprit, Hugo Boss, New Yorker und Puma. Gelistet werden Aral- und Avia-Tankstellen, dufte seien auch die Cinemaxx-Kinos, Obi, T-Online und Vodafone.
Doch schnell verflüchtigten sich die Referenzen, als ihnen die Verbraucherzentrale NRW nachschnüffelte. Zwei Drittel von knapp hundert befragten Handelsketten, darunter Boutiquen und Bäckereien, darunter Supermärkte und Tankstellen ließen nicht einen Hauch an Information aus den Pressestellen.
Von den übrigen 32 mochten sich gerade mal drei zum äußerst sparsamen Einsatz bekennen: in Vorzeigefilialen (real, C&A) oder vereinzelten Abteilungen (Mediamarkt). Edeka mochte nicht ausschließen, dass ab und an "selbstständige Vertriebspartner" mit Aroma-Kartuschen experimentieren.
Die Standardantwort lautete jedoch: "In unseren Filialen wird kein Duftmarketing eingesetzt, und dies ist auch nicht geplant." Ähnlich wie Tchibo äußerten sich etwa Netto und Lidl, Shell und Aral, Fressnapf und Rewe, Kaufland, Praktiker, Conrad und Saturn.
Für eine "Marktdurchdringung von fünf Prozent" wie sie Hanns-Peter Keller, Geschäftsführer von Vapo d’or annimmt, fand die Verbraucherzentrale NRW jedenfalls nur Spurenelemente. Zumal sich auch von vier angefragten Vertreibern der Wellness-Schwaden nur einer äußern mochte.
Zurück bleibt ein unangenehmer Geruch. Etwa wenn Aromen-Vertreiber Unternehmen als Kunden benennen, diese aber - darauf angesprochen - zum Einsatz von Portemonnaie-öffnenden Düften schweigen. Das gilt etwa für Aral-Tankstellen, Galeria Kaufhof und Karstadt sowie das Modelabel Esprit.
Heftiges Kopfschütteln bei Cinemaxx oder auch Adidas: Während Vapo d’or-Geschäftsführer Keller auf den Sportklamotten-Hersteller zeigt, bestreitet die Firma kategorisch die gezielte Einduftung der Filialen. Lediglich in der Ferse einzelner Schuhe werde ein Duftdepot eingefügt, das sich "natürlich und rückstandsfrei nach 4 bis 6 Wochen auflöst".
Weitaus hartnäckiger wirkt da offenbar die Referenzliste der Voit Aroma Factory nach. Dort fand sich prominent die Elektrokette Saturn - zum Erstaunen von Sprecherin Regina Jud. Sie scheiterte über Wochen mit dem Versuch,den Eintrag löschen zu lassen. Auch an Listenmitglied Ikea haftet so - trotz Dementi - der Geruch, den Umsatz olfaktorisch anzukurbeln.
Dagegen gibt neuerdings Rewe ganz offiziell zu, dass einige "genossenschaftlich verbundene Kaufleute" mit künstlichen Aromen "den von vielen Kunden als störend empfundenen Geruchs-Mix eines Marktes (Tiernahrung, Käse, Leergut)" ausschalten. Die Verbraucherzentrale NRW musste den Konzern allerdings erst mit Berichten über die "Aromatherapie" (Rewe) unterm eigenen Dach konfrontieren.
Die Kundschaft auch bei anderen Anwendern erfährt darüber eher nichts. Die Verbraucherzentrale NRW fordert deshalb deutliche Hinweisschilder vor den Eingängen bedufteter Geschäfte, egal ob an der Fischtheke eine künstliche Meeresbrise bläst oder der Baumarkt mit Holzgeruch klotzt.
Penibel aufgeführt werden sollten dabei alle verwendeten Stoffe. Eine wichtige Hilfe für Allergiker und Asthmatiker. Denn wer auf Duftstoffe sensibel reagiert, und das sind nach Angaben des Umweltbundesamtes immerhin rund eine Million Menschen, hat so die Chance, den Wohlfühl-Attacken in Geschäften zu entgehen - ganz im Gegensatz zu den Mitarbeitern.