Der Hightech-Verband BITKOM hat die Pläne des Bundesrats
scharf kritisiert, in Zukunft die Steuerbefreiung von Dividenden und
Veräußerungsgewinnen nach § 8b des Körperschaftsteuergesetzes zu streichen,
wenn der Anteilsbesitz kleiner als 10 Prozent ist. Die Besteuerung von Erträgen
aus solchen Streubesitzbeteiligungen würde vor allem Investoren treffen, die
sich an innovativen Startups beteiligen und in der Folge zu einer verringerten
Gründungsdynamik führen. „Junge Hightech-Unternehmen sind in der Gründungs- und
Wachstumsphase dringend auf externe Kapitalgeber angewiesen“, sagte
BITKOM-Präsident Prof. Dieter Kempf im Vorfeld der Beratungen des
Bundestagsfinanzausschusses. „Die Pläne des Bundesrats könnten die in
Deutschland noch schwach entwickelte Investorenszene aus privat engagierten
Business Angels und anderen Wagniskapitalgebern im Keim ersticken.“ Im
Vergleich zum angelsächsischen Raum sei der deutsche Markt für Wagniskapital
unterentwickelt. Kempf: „Die Folgen der schlechten Kapitalversorgung sind nicht
nur weniger Gründungen, sondern auch ein langsameres Wachstum der bestehenden
Startups. Das verringert die Chance, sich international zu etablieren.“
Hintergrund der Bundesratsinitiative ist eine Entscheidung
des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Der EuGH hatte gefordert, die Besteuerung
von Erträgen aus Streubesitzbeteiligungen in Deutschland zu vereinheitlichen.
Bisher gilt die Steuerbefreiung nur für deutsche Investoren, was ausländische
Kapitalgeber benachteiligt. Steuersystematisch ist die Befreiung notwendig, um
eine Mehrfachbesteuerung derselben Erträge im Inland zu vermeiden. „Die
Abschaffung der Steuerbefreiung für deutsche Investoren ist der falsche Weg zu
einer Harmonisierung des Steuerrechts“, sagte Kempf. Stattdessen schlägt der
BITKOM vor, ausländische Investoren ebenfalls von der Steuer zu befreien. „Das
führt zwar kurzfristig zu geringeren Steuereinnahmen für den Staat, könnte aber
für einen kräftigen Impuls bei der Finanzierung junger Unternehmen mit
Beteiligungskapital sorgen“, sagte Kempf. „Unter dem Strich gewinnen wir
Arbeitsplätze und schaffen Wachstum in wichtigen Zukunftsbranchen.“
Aus Sicht des BITKOM sind die mangelnden
Finanzierungsmöglichkeiten für Startups eines der größten Hemmnisse für eine
stärkere Gründungsdynamik in Deutschland. Besonders Wagniskapital (Venture
Capital), das vor der Aufnahme des Geschäftsbetriebs und in der ersten Zeit
nach der Gründung eingesetzt wird, ist knapp. Im Jahr 2011sind nach Angaben des
BVK in der Informations- und Kommunikationstechnologie 256 Unternehmen mit
Venture Capital in Höhe von 245 Millionen Euro finanziert worden. Das
entspricht einem Anstieg von 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In den USA
sind 2011 in diesem Segment umgerechnet 12,4 Milliarden Euro in fast 2.000
Unternehmen geflossen. Auch europäische Länder wie Großbritannien, Frankreich
oder Schweden sind, gemessen am BIP-Anteil der Venture-Capital-Investitionen,
besser ausgestattet als Deutschland. Wesentlicher Grund ist hierzulande die
Zurückhaltung institutioneller Investoren wie Versicherungen, Pensionskassen
oder Stiftungen bei Investitionen in Venture-Capital-Fonds. „Seit einigen
Jahren investieren vor allem Privatleute aus dem Internetumfeld und
internationale VC-Fonds in die erstarkende deutsche Startup-Szene“, sagte
Kempf. „Die geplanten Steuerbelastungen sind dazu geeignet, diesem positiven
Trend ein schnelles Ende zu bereiten.“
Eine Stellungnahme des BITKOM zum Vorhaben des Bundesrats
ist im Internet abrufbar unter: http://www.bitkom.org/de/themen/54830_73506.aspx