Seit genau einem Jahrhundert werden in Niedersachsen in
staatlichen Laboren Wasserproben untersucht. „100 Jahre Wasseranalytik in
Niedersachsen" ist deshalb auch das Thema des Niedersächsischen
Gewässerforums, das noch bis Mittwoch in Hildesheim stattfindet.
„100 Jahre sind ein beeindruckendes Jubiläum, zu dem ich
allen Mitarbeitern und allen Ehemaligen herzlich gratuliere", sagte die
zuständige Staatssekretärin im Umweltministerium Ulla Ihnen, die zur Eröffnung
des Forums auch einen Glückwunsch von Umweltminister Stefan Birkner
überbrachte. Ihnen lobte die professionelle Arbeit des NLWKN-Labors und stellte
klar, dass die Arbeit der Mitarbeiter dort sehr wichtig sei für die
Gewässerqualität der Flüsse, Bäche und Seen in Niedersachsen. „Die Kompetenz
geht weit über die reine Erzeugung von Messwerten hinaus.
Ob es um die
Entwicklung von umweltbezogenen Messprogrammen geht, um gutachterliche
Tätigkeiten oder um die fachliche Einflussnahme auf analytische Aspekte in
Gesetzgebungsverfahren: Die Spezialkenntnisse der Mitarbeiter des NLWKN sind
unentbehrlich", sagte Ihnen. Und weiter: „Als im Jahre 1912 die
Abwasseruntersuchungsstelle in Hildesheim gegründet wurde, ging es darum, die
Salzbelastung der Flüsse im Hildesheimer Raum zu analysieren." Der
Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz
gehört u.a. mit seinem heute für ganz Niedersachsen tätigen komplexen
Laborbetrieb zum Geschäftsbereich des niedersächsischen Umweltministers.
Waldemar Bülow, heutiger Leiter des Labors in Hildesheim,
wies darauf hin, dass sich aus dem kleinen Hildesheimer Labor ein komplexer
Laborbetrieb mit sieben Laborstandorten in ganz Niedersachsen entwickelt habe:
„Das Aufgabenspektrum umfasst inzwischen unter anderem
Radioaktivitätsuntersuchungen ebenso wie toxikologische Wasserprüfungen, um
Giftwirkungen im Gewässer nachzuspüren".
Prof. Dr. Joseph Hölscher, Leiter der Betriebsstelle
Hannover-Hildesheim des NLWKN, sagte: „Die klassische Wasseranalytik inklusive
der Untersuchungen zur Salzbelastung ist nach wie vor ein wichtiges Thema, die
chemischen Untersuchungen haben sich aber stark weiterentwickelt." So untersuche
das Labor heute hunderte verschiedener Substanzspuren in unvorstellbar kleinen
Konzentrationen. Hierzu zählen unter anderem Schwermetalle, Medikamente,
organische Schadstoffe, Bootsanstriche und eine Unzahl von verschiedenen
Pflanzenschutzmitteln. Bei einigen organischen Stoffen und einigen
Schwermetallen kann das Labor bis in den unteren Nanogrammbereich, neuerdings
sogar bis in den Picogrammbereich pro Liter messen. Wie niedrig diese
Konzentrationen sind, machte Bülow an einem Beispiel deutlich: Die Inhaltsstoffe
einer im Maschsee aufgelösten Kopfschmerztablette könne das NLWKN-Labor
nachweisen.
„Schaumberge auf den Flüssen als sichtbare Verunreinigung
gehören zwar der Vergangenheit an - aber trotzdem müssen wir weiter auf die
Qualität unserer Gewässer achten", warnte Bülow. „Es handelt sich oft um
Mikroverunreinigungen, die nur mit feinsten analytischen Methoden nachweisbar
sind". Er nannte ein Beispiel: In den 90er Jahren verschwanden fast
unmerklich einige Schneckenarten aus den niedersächsischen Gewässern. Am
auffälligsten sei das Fehlen der großen Gehäuse der Wellhornschnecke an den
Nordseestränden gewesen. Verursacher war eine Substanz, die bereits in
seinerzeit unmessbar geringen Konzentrationen den Stoffwechsel der Tiere
veränderte und sie fortpflanzungsunfähig machte. Der Stoff wirkte wie ein
Sexualhormon und entstammte speziellen Schiffsanstrichfarben, sogenannten
Organozinn-Verbindungen. „Niedersachsen hat mit seinen Untersuchungen
maßgeblich dazu beigetragen, dass diese Stoffe 2003 als Schiffsanstriche
verboten wurden".
An den Meeresküsten habe sich die Belastung mit giftigen
Stoffen bereits messbar verringert - aber in den Flüssen finden die Experten
des NLWKN immer noch Konzentrationen über dem nach Europarecht zulässigen
Grenzwert. Bülow: „Die einzelnen Substanzen der Antibabypille sind in unseren
Gewässern nachweisbar, da sie in nennenswerter Menge die Kläranlagen überwinden
können. In England oder Österreich haben diese Stoffe zu Veränderungen der
Fischfauna geführt".
Mit dem mehrere Millionen Euro teuren Gerätepark des
NLWKN-Labors werden jährlich ca. 21.000 Umweltproben untersucht. Aus den Proben
werden 370.000 Einzelbestimmungen durchgeführt. Das Labor des NLWKN hat erst im
vergangenen Jahr ein besonderes Gütesiegel erhalten - alle sieben Standorte
wurden nach einem aufwändigen und mehrtägigen Prüfungsverfahren akkreditiert;
damit wurde das hohe Niveau im Bereich der Analytik von Wasser,
Oberflächenwasser wie Grundwasser, von Abwasser und Sedimenten auch formal
anerkannt.
Die sieben Standorte des NLWKN-Wasserlabors sind in einer
Organisationseinheit gebündelt, hier hat sich ein leistungsfähiger
Analytik-Expertenkreis entwickelt: „Die Spezialisierung einzelner Standorte und
die Neuordnung der Aufgaben führten zu einer besseren Auslastung der
Messgeräte; gleichzeitig wurden der Leistungskatalog und die Qualität der
angebotenen Analytik gesteigert", sagte Hölscher.
Quelle: www.nlwkn.niedersachsen.de