Ein Konsortium mit Partnern aus Niedersachsen und Hamburg
will im Rahmen einer Machbarkeitsstudie klären, inwieweit die Nutzung von
Biogas zur Herstellung von Biokerosin möglich ist: Neben dem schon am Markt
verfügbaren Biokerosin auf Basis nachhaltiger Pflanzenöle, die meist aus dem
Ausland importiert werden müssen, kann Kerosin auch aus Biogas bzw. dem daraus
herstellbaren Biomethan erzeugt werden.
Landwirtschaftsminister Christian Meyer erklärt: „Ich
begrüße das Projekt, weil Niedersachsen als Deutschlands größter Produzent von
Biogas dafür ein besonderes Potenzial bietet. Hier wird Biogas in nennenswertem
Umfang auch aus Abfall und damit besonders nachhaltig erzeugt. Einen weiteren
Vorteil bietet das bereits vorhandene, gut ausgebaute Erdgas-Netz, das mit nur
geringen Zusatzkosten genutzt werden kann. Somit besteht die Chance, mit
regionalen Produkten dazu beizutragen, dass sich die Industrie von fossilen
Energieträgern ein Stück weit lösen kann."
Der europäische Flugzeugbauer Airbus unterstützt das Projekt
im Rahmen seiner Strategie für die kommerzielle Nutzung nachhaltiger
alternativer Kraftstoffe für die Luftfahrt. „Airbus ist führend bei der weltweiten
Entwicklung nachhaltiger alternativer Kraftstoffe. Unser Ziel ist es, weltweit
nachhaltige Lösungen für die lokale Versorgung aus lokalen Quellen zu
entwickeln. Wir freuen uns daher sehr über die Zusammenarbeit mit unseren
Partnern in Niedersachsen", sagte Frederic Eychenne, Programmleiter Neue
Energien bei Airbus.
Airbus will mit seiner Strategie als Katalysator bei der
Kommerzialisierung von Biokraftstoffen für die Luftfahrt wirken, die aus
nachhaltigen Quellen gewonnen werden. Sechs solcher Wertschöpfungsketten wurden
bereits aufgebaut: in Australien, Brasilien, dem Mittleren Osten, Rumänien,
Spanien und China. Darüber hinaus hat Airbus auf mehreren Testflügen und in
Zusammenarbeit mit den Normungsorganisationen für Kraftstoffe (ASTM und
DefStan) dazu beigetragen, dass alternative Kraftstoffe mit einem
Biokerosinanteil von bis zu 50 Prozent bereits für kommerzielle Passagierflüge
zugelassen wurden.
Unter Führung der Süderelbe AG untersuchen das Institut für
Umwelttechnik und Energiewirtschaft (IUE) der Technischen Universität
Hamburg-Harburg (TUHH) sowie das Fachgebiet Nachhaltige Energie- und
Umwelttechnik (NEUTec) der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in
Göttingen die technische und wirtschaftliche Machbarkeit dieser Idee.
Zur Produktion von nachhaltigem Biokerosin aus Biogas sollen
sogenannte Gas-to-Liquid-Verfahren (GTL) eingesetzt werden. Angepasst an die
Standortbedingungen Norddeutschlands werden in dem Projekt die Grundlagen für
die technische und ökonomische Realisierbarkeit einer vollständigen
Wertschöpfungskette zur Biokerosin-Produktion in Norddeutschland erarbeitet.
Als Praxisbeispiel für die Umsetzung werden die
Wirtschaftsregion Deltaland (Heidekreis) sowie der Unterelbe-Raum näher
analysiert. „Für Niedersachsen bietet sich mit diesem Projekt die Chance, neue
Wertschöpfungspotenziale zu erschließen und zugleich die Entwicklung der
vorhandenen Industriestandorte zu befördern", erklärt Dr. Jürgen Glaser,
Prokurist der Süderelbe AG, die sich für Clusterentwicklungsprojekte in
Niedersachsen und Hamburg engagiert und das Projektmanagement für dieses Thema
übernommen hat.
Eine große Bedeutung für das Projekt kommt der Analyse
möglicher Quellen von Biomethan zu. „Die Machbarkeitsstudie nimmt daher mit
Blick auf die aktuelle Diskussion um Nutzungskonkurrenzen bewusst Ressourcen
vorrangig aus landwirtschaftlichen Rückständen und Nebenprodukten sowie aus
organischen Abfällen für die Biogasproduktion in den Fokus", erklärt Prof.
Achim Loewen, Professor für Energietechnik und Umweltmanagement an der HAWK in
Göttingen.
Damit wird im Rahmen des Projektes die Analyse und Bewertung
der gesamten Bereitstellungskette von der Biogaserzeugung bis zur
Biokerosinbereitstellung z. B. für den Flughafen in Hannover oder in Hamburg
vorgenommen. Hierzu wird die gesamte Kette detailliert anhand technischer,
ökonomischer und ökologischer Kriterien untersucht. "Nur wenn Biokerosin
technisch effizient, ökonomisch darstellbar und ökologisch verträglich
bereitgestellt werden kann, wird sich diese innovative Option, bei der die in
Niedersachsen bereits vorhandenen Strukturen maximal genutzt werden sollen, am
Markt durchsetzen können. Ist dies der Fall, kann diese Möglichkeit merklich zu
einem klimaverträglicheren Luftverkehr beitragen - und das bei gleichzeitiger
Verbesserung der Versorgungssicherheit." stellt Prof. Dr.-Ing. Martin
Kaltschmitt, Leiter des Instituts für Umwelttechnik und Energiewirtschaft der
TUHH, fest.
Die Arbeiten zur Machbarkeitsstudie werden flankiert durch
das fachliche Know-how eines projektbezogenen Beirats, in den
Industrievertreter aus zentralen Wertschöpfungsstufen eingebunden sind. Das
Projekt endet voraussichtlich im Dezember 2013.