8. Dezember 2012

Spenden - Revolutionäre Idee mit hässlichen Macken


Wohltäter sein, und das ohne die eigene Geldbörse zu belasten. Diese Idee propagieren, gerade zur Weihnachtszeit, so genannte Spendenportale. Doch häufig fehlt es an Transparenz, zudem sorgen Macken und Merkwürdigkeiten für Ärger. Das belegt ein Check der Verbraucherzentrale NRW bei acht Spendenportalen. Besser kann es sein, Einkauf und Spende zu trennen.

Wohltäter sein, und das ohne die eigene Geldbörse zu belasten. Diese Idee propagieren, gerade zur Weihnachtszeit, so genannte Spendenportale. Wer über ihre Seiten Online-Einkäufe abwickelt, kann Hilfsorganisationen und Vereine, Schulen und Kindergärten mit Provisionen beglücken. Eine "Spenden-Revolution" mit angeblich Milliarden-Potential. Doch häufig fehlt es an Transparenz, zudem verärgern Macken und Merkwürdigkeiten. Das belegt ein Check der Verbraucherzentrale NRW bei acht Spendenportalen. Verbraucherschützer empfehlen, Einkauf und Spende besser zu trennen. Das bringt oft mehr für die gute Sache.

Mit Onlineshopping zum "Helden" werden und "notleidenden Menschen eine bessere Zukunft schenken", jubelt Heroshopping. "Jetzt einkaufen und Gutes tun" lockt Clicks4charity. "Kostenlos helfen" heißt es schlicht bei Bildungsspender.

"Gutes tun" ist nach Meinung der Portale ganz einfach: Einkaufstouren müssten nur über ihre Internetseite starten, von wo aus weiter zu den Händlern geklickt werde. Denn über diesen Umweg lassen sich lukrative Provisionen von Shops einheimsen.

Den Großteil davon verteilen die Charity-Portale etwa an die Welthungerhilfe oder Katzenwaisen, an den Männerchor Frohsinn oder die Schule in der Nachbarschaft.

Insgesamt acht Spenden-Portale hat die Verbraucherzentrale NRW unter die Lupe genommen: darunter Bildungsspender, Schulengel und Vereinsbüchse, die Gelder entsprechend ihrer Namensgebung weiterleiten. Darüber hinaus galt der kritische Blick Heroshopping.org, Planethelp.com, Shopprops.de und Clicks4charity.net sowie - für manchen überraschend - Pay-back. Denn auch die von Millionen gesammelten Punkte lassen sich über die "Payback-Spendenwelt" statt in Prämien alternativ zu Gaben an Hilfsorganisationen umwandeln.

Für alle Portale im Test hat die Verbraucherzentrale NRW nach deren Angaben gerechnet, was die Kauf-Idee in Euro und Cent einbringen soll. Eine durchaus herausfordernde Aufgabe.
Denn jeder Händler, den die Portale akquirieren, besteht auf eigenen Regeln, die sich obendrein je nach Portal unterscheiden können. Die von Händlern erstatteten Margen reichten von mageren 0,5 bis zu fetten 25 Prozent der Summe des Nettoeinkaufs. Dazu sind oftmals diverse Einschränkungen zu beachten wie etwa Staffeltarife und Obergrenzen.

Je 100 Euro gaben die Verbraucherschützer virtuell bei 20 Shops aus, die auf allen acht Portalen vertreten sind. Dabei zeigten sich enorme Unterschiede. Für die 2000 Euro wollten fünf Portale, rund gerechnet, zwischen 70 (Planethelp) und 126 Euro (Bildungsspender) ausschütten: Das entspricht 3,5 bis 6,3 Prozent der Einkaufsumme. Als eine Art Spenden-Scrooge entpuppte sich Payback mit knauserigen 24 Euro (1,2 Prozent).

Den unglaublichen Spitzenwert von rund 150 Euro (7,5 Prozent) versprach Heroshopping. Hier finden sich Nehmen und Geben weitgehend in einer Hand. Denn der Großteil der Provisionen fließt zu Skate-Aid. Das ist die Stiftung eines der Portalbetreiber.

Skate-Aid will die "Kraft des Skatebords" nutzen, "um Kindern und Jugendlichen in Krisengebieten Hoffnung auf vier Rollen zu bringen". Mit auf die Rollen genommen wird die Welthungerhilfe. Sie erhält ein Viertel aller "Hilfsbeiträge" - und bereichert dafür den Web-Auftritt von Heroshopping: unter anderem mit dem Logo des anerkannten DZI-Spendensiegels, das der Welthungerhilfe verantwortungsvollen Umgang mit Hilfsgeldern bescheinigt.

Vom DZI-Siegel selbst können die meisten Charity-Portale nur träumen. Dazu fehlen ihnen - mit Ausnahme vielleicht von Bildungsspender - die Voraussetzungen wie etwa Gemeinnützigkeit oder niedrige Verwaltungskosten. Gerade hat Schulengel seine um satte 50 Prozent erhöht (20 auf 30 Prozent). Im schlechten Fall schrammt ein Portal bis knapp an die 50-Prozent-Grenze heran.

Wer zielgerichtet fördern will, sollte zudem Obacht bei den Spendenempfängern geben. Mal sind zwei fest vorgegeben, mal dürfen Kunden aus einem festen Pool mit Dutzenden Organisationen wählen. Manche folgen gar Vorschlägen von Verbrauchern und unterstützen so etwa die Schule der Tochter.

Streng im Blick haben sollten User auch die Läden, bei denen sie Euros ershoppen können. Masse ist dabei nicht immer Klasse. Die Platzhirsche Bildungsspender und Schulengel etwa werben mit über 1000 Shops. Branchenprimus Amazon, über den das Gros der Einnahmen der meisten Portale kommt, hat beiden vor kurzem die Provision drastisch auf zwei Prozent gekürzt. Wer Bildungsspender nutzt, erfährt das aber nicht. Dort heißt es kryptisch: "k.A." - keine Angabe. Kleinere Portale mit teils nur gut 100 Händlern melden dagegen 3 bis 6 Prozent Amazon-Provison.

Eine Spenden-Flop droht bei "Brands4friends". "Deutschlands Nr. 1 Shopping-Club" wirft zwar satte 8 Prozent aus - allerdings allein für Neukunden und das für nur 60 Tage. Gelistet war die Schnäppchen-Firma bei einigen Portalen sogar ohne Aufklärung über die Haken.

Wichtig zu wissen: Leer aus geht auch, wer Mindestbestellwerte der Shops nicht beachtet. Ebenso kann der Einsatz von Rabatten und Gutscheinen beim Kauf die Provision gefährden.

Damit nicht genug. Nicht gerade als Held in Bezug auf Wahrheit und Klarheit präsentierte sich Heroshopping. Mal fehlte der wichtige Hinweis, dass eine Belohnung bei 10 Euro gedeckelt war, mal fanden sich falsche Rabatt-Angaben, mal war allein der maximale Bonus beworben, den es erst ab 100 Einkäufen im Monat gibt.

Solche und andere Fehler fand selbst die PR-Agentur des Portals "schon sehr doof" und warnte die Betreiber, dass die Verbraucherzentrale "echt richtig genau hinschaut".

Bei Clicks4Charity gelang das nicht wirklich. Nur äußerst grob waren viele Provisions-Bedingungen auf unklaren Balken-Diagrammen zu erahnen. Die Tester sahen sich nicht der Lage, die Stichprobe vernünftig zu berechnen.

Die Betreiber verrieten lediglich, dass ihre Shops "durchschnittlich 4-5% des Einkaufswertes" als Bonus ausschütten. 80 Prozent davon leite Clicks4charity weiter. Transparenz sieht anders aus. Dabei ist Transparenz zentral für die Glaubwürdigkeit der Helfer. Viele Portale bieten deshalb die Möglichkeit einer Registrierung. Der Vorteil: Kunden können auf ihrem Account nachvollziehen, wieviel Euros von welchem Shop über sie eingehen und an welches Projekt sie fließen.

Der Nachteil: Mit den Daten können lukrative Einkaufsprofile erstellt werden – eine Spezialität von Payback. Andere beteuern immerhin, darauf zu verzichten. Wer deshalb beim Shoppen auf die Registrierung verzichtet, bekommt nur allgemeine Spendendaten der Portale zu sehen. Ein Dilemma.

Mit ein Grund vielleicht, warum die "revolutionäre" Idee nicht zünden mag. Während Portale die "gigantische finanzielle Möglichkeit, Gutes zu tun" beschwören, dümpeln die realen, jährlichen Ausschüttungen bislang eher im Bereich von wenigen Tausend Euro. Auf einige Hunderttausend Euro im Jahr bringen es Payback, Bildungsspender und Schulengel. Sie alle verteilen das Geld auf abertausende Empfänger.
Beispielsweise überwies Planethelp der "Deutschen AIDS-Hilfe" über Jahre insgesamt 483 Euro, das "Handwerkerinnenhaus Köln" durfte sich bislang über 3,60 Euro freuen.
Es könnte deutlich mehr sein. Vorausgesetzt der Rat der Verbraucherzentrale NRW wird beherzigt: Einkauf und Spende strikt zu trennen.

Das belegen Preisvergleiche der Verbraucherschützer auf allen Stichproben-Portalen. Ein Beispiel von vielen: Für einen Bosch-Kaffeeautomat kassierte der günstigste bei allen Portalen gelistete Anbieter 579 Euro - und spendierte dafür zwischen 6,80 und 10 Euro. Preissuchmaschinen dagegen orteten den Automaten für 498 Euro - bei einem nicht gelisteten Händler.

Das sind 81 Euro Ersparnis gegenüber dem Kauf über Spenden-Portale. Mithin könnte die Direktspende für den - frei wählbaren - guten Zweck bis zu zwölfmal höher ausfallen (81 statt 6,80 Euro).

 Stand: 07/12/12