10. Dezember 2012

Stromfresser auf Eis gelegt


Als Pilotmodell mit nachhaltiger Wirkung hat sich die Erstberatung bei Energieschulden bei der Verbraucherzentrale in Wuppertal seit 2010 bewährt: Erstmals in NRW gibt es hier in Kooperation mit den Wuppertaler Stadtwerken (WSW) wirtschaftliche und rechtliche Beratung und Unterstützung, wenn Energierechnungen nicht mehr bezahlt werden können oder gar Stromsperren drohen.

In nahezu drei Viertel der Fälle konnte eine nachhaltige Lösung der Probleme erreicht werden. Mit einem neuen Austauschprogramm für Kühlschrank-Oldies wollen die WSW nun erneut landesweit Vorreiter sein: Stromfresser in einkommensarmen Haushalten werden dabei auf Eis gelegt. Das nordrhein-westfälische Verbraucherministerium wird das neue Angebot begleiten – und ausloten, wie das Kühlschrank-Austauschprogramm ein Modell auch für andere Kommunen oder Stadtwerke werden kann.

„Wir könnten gut 30 Prozent unserer Energie sowohl im Strom- als auch im Wärmebereich einsparen, ohne unseren Lebensstandard zu gefährden. Jede gesparte Kilowattstunde trägt nicht nur zum Gelingen der Energiewende bei. Jede gesparte Kilowattstunde ist auch bares Geld für Verbraucherinnen und Verbraucher. Vielfach reicht rechtliche und wirtschaftliche Beratung jedoch nicht aus, um Problemlagen wegen hoher Energierechnungen abzuwenden. Minicontracting-Modelle für Kühlschränke sind daher ein wichtiger Baustein, um das Eis für die Energiewende in einkommensarmen Haushalten zu brechen", sagte Verbraucherschutzminister Johannes Remmel. Das Ministerium evaluiert das Wuppertaler Pilotprojekt und will weitere Stadtwerke damit zum Nachahmen anregen: „So will Nordrhein-Westfalen seine seit Jahren unbestrittene Vorreiterrolle bei der Gestaltung der Energieberatung fortschreiben."

Mehr als ein Drittel der Ratsuchenden in der Schuldnerberatung der Verbraucherzentrale in Wuppertal kämpfte regelmäßig mit Energieschulden. Das Forderungsmanagement der WSW sah sich mit wachsenden Anforderungen konfrontiert, um Außenstände einzutreiben. Immer häufiger musste das Jobcenter Wuppertal Darlehen für rückständige Energiekosten gewähren. So die Ausgangslage 2010, als das Pilotprojekt „Erstberatung für Energieschuldner" bei der Verbraucherzentrale in Wuppertal an den Start ging. Zielsetzung: Schulden säumiger Energiezahler dauerhaft zu regulieren und zu vermeiden. Mit Zahlungsplänen unterschiedlicher Art wurden für rund drei Viertel der Ratsuchenden praktikable Lösungen zum Schuldenabbau und zur vorausschauenden Budgetplanung erreicht und bei Bedarf mit individuellen Energieeinsparmaßnahmen flankiert.

„Das erfolgreiche Wuppertaler Modell und der wachsende Problemdruck in vielen Haushalten angesichts der steigenden Energiepreise waren für das Verbraucherministerium NRW Anlass, im Oktober 2012 den Startschuss für das Projekt 'NRW bekämpft Energiearmut' zu geben. Verbraucherzentrale NRW und regionale Energieversorger bieten Rechts- und Budgetberatung nun – neben Wuppertal - auch in Aachen, Bielefeld, Köln und Krefeld an. Ab 1. Januar 2013 folgen Bochum, Dortmund und Mönchengladbach", erläutert Verbraucherminister Johannes Remmel. Das Verbraucherschutzministerium stellt für das bis 2015 befristete Projekt Finanzmittel in Höhe von rund 1,5 Millionen Euro zur Verfügung. Die teilnehmenden Stadtwerke in den acht Modellkommunen beteiligen sich anteilig an den Kosten der jeweiligen Beratungsangebote.

"In einkommensarmen oder überschuldeten Haushalten, wo weder Rücklagen vorhanden sind noch nennenswerte Einkünfte über dem Pfändungsfreibetrag erreicht werden, wird das Inkasso von Außenständen bei Energiekosten zum Bumerang: Es fallen dann zusätzlich Kosten für Mahnverfahren, Unterbrechung der Energielieferung und die erneute Freigabe der Versorgung an – die die Betroffenen angesichts ihrer Überschuldung ebenfalls nicht zahlen können", beschreibt Andreas Feicht, Vorstandsvorsitzender der WSW die Motivation des Unternehmens, Energieschulden von Haushalten durch gezielte zeitnahe Beratung und Betreuung durch die Verbraucherzentrale in Wuppertal dauerhaft zu regulieren und zu vermeiden.
Allerdings: Im Beratungsalltag hat sich gezeigt, dass in die Jahre gekommene energiefressende Haushaltsgeräte gerade der Stromrechnung von Haushalten mit geringen Einkommen kräftig einheizen. 

Die Anschaffung eines sparsamen Modells können diese aus eigener Kraft jedoch nicht stemmen. Mit einem Austauschprogramm für Kühlschrank-Oldies wollen die WSW hier nun erneut Vorreiter sein: Ab sofort können Transferleistungsbezieher, Rentner, Studenten und sonstige Haushalte mit Niedrigeinkommen im Rahmen eines Mini-Contractingmodells ihrem Stromfresser die rote Karte zeigen und ein Modell der Energieeffizienzklasse A++ Einzug halten lassen. WSW-Kunden kostet die Investition in die stromsparende Gerätegeneration monatlich zehn Euro – zu zahlen über einen Zeitraum von 27 Monaten. WSW liefern das energiesparende Gerät ins Haus und gewähren eine dreijährige Garantie. Sollte der Kühlschrank während dieser Zeit streiken, wird er kostenfrei ersetzt. Natürlich sind Abholung und umweltgerechte Entsorgung des Oldies inklusive. Der auszutauschende Geräte-Methusalem muss mindestens zehn Jahre alt sein. 100 Kühlschränke stehen im Austauschprogramm auf Abruf.

„Würde das Gerät etwa im Internethandel erworben, wären dafür rund 340 Euro fällig. Das Angebot der WSW ist somit eine lohnende Option – die obendrein ab dem Austauschzeitpunkt eiskalt Stromkosten einspart", zeigt sich NRW-Verbraucherzentralenvorstand Klaus Müller überzeugt, in der Kombination von Rechts- und Budgetberatung und Austauschprogramm eine Win-win-Situation für alle Beteiligten aufzulegen: „Die Verbraucherzentrale in Wuppertal informiert Ratsuchende, die für die Teilnahme am Kühlschrank-Austauschprogramm in Frage kommen, über das WSW-Angebot und dessen Modalitäten. Darüber hinaus prüft sie, ob Betroffene die monatliche Verpflichtung auch schultern können. WSW und potentieller Kundenkreis können so zielgerichtet zusammenkommen. Und die künftigen Einsparungen beim Energieverbrauch entlasten das Portemonnaie der Verbraucher sowie das Klima. Aber auch den Versorger, der in Folge niedrigerer Stromrechnungen keine Außenstände in Haushalten mehr eintreiben muss, die diese wegen ihrer knappen Finanzen ohnehin nicht bedienen können."

Stand: 05/12/12