Als Pilotmodell mit nachhaltiger Wirkung hat sich die
Erstberatung bei Energieschulden bei der Verbraucherzentrale in Wuppertal seit
2010 bewährt: Erstmals in NRW gibt es hier in Kooperation mit den Wuppertaler
Stadtwerken (WSW) wirtschaftliche und rechtliche Beratung und Unterstützung,
wenn Energierechnungen nicht mehr bezahlt werden können oder gar Stromsperren
drohen.
In nahezu drei Viertel der Fälle konnte eine nachhaltige Lösung der
Probleme erreicht werden. Mit einem neuen Austauschprogramm für
Kühlschrank-Oldies wollen die WSW nun erneut landesweit Vorreiter sein:
Stromfresser in einkommensarmen Haushalten werden dabei auf Eis gelegt. Das
nordrhein-westfälische Verbraucherministerium wird das neue Angebot begleiten –
und ausloten, wie das Kühlschrank-Austauschprogramm ein Modell auch für andere
Kommunen oder Stadtwerke werden kann.
„Wir könnten gut 30 Prozent unserer Energie sowohl im Strom- als
auch im Wärmebereich einsparen, ohne unseren Lebensstandard zu gefährden. Jede gesparte
Kilowattstunde trägt nicht nur zum Gelingen der Energiewende bei. Jede gesparte
Kilowattstunde ist auch bares Geld für Verbraucherinnen und Verbraucher.
Vielfach reicht rechtliche und wirtschaftliche Beratung jedoch nicht aus, um
Problemlagen wegen hoher Energierechnungen abzuwenden. Minicontracting-Modelle
für Kühlschränke sind daher ein wichtiger Baustein, um das Eis für die
Energiewende in einkommensarmen Haushalten zu brechen", sagte
Verbraucherschutzminister Johannes Remmel. Das Ministerium evaluiert das
Wuppertaler Pilotprojekt und will weitere Stadtwerke damit zum Nachahmen
anregen: „So will Nordrhein-Westfalen seine seit Jahren unbestrittene
Vorreiterrolle bei der Gestaltung der Energieberatung fortschreiben."
Mehr als ein Drittel der Ratsuchenden in der Schuldnerberatung
der Verbraucherzentrale in Wuppertal kämpfte regelmäßig mit Energieschulden.
Das Forderungsmanagement der WSW sah sich mit wachsenden Anforderungen
konfrontiert, um Außenstände einzutreiben. Immer häufiger musste das Jobcenter
Wuppertal Darlehen für rückständige Energiekosten gewähren. So die Ausgangslage
2010, als das Pilotprojekt „Erstberatung für Energieschuldner" bei der
Verbraucherzentrale in Wuppertal an den Start ging. Zielsetzung: Schulden
säumiger Energiezahler dauerhaft zu regulieren und zu vermeiden. Mit
Zahlungsplänen unterschiedlicher Art wurden für rund drei Viertel der
Ratsuchenden praktikable Lösungen zum Schuldenabbau und zur vorausschauenden
Budgetplanung erreicht und bei Bedarf mit individuellen Energieeinsparmaßnahmen
flankiert.
„Das erfolgreiche Wuppertaler Modell und der wachsende
Problemdruck in vielen Haushalten angesichts der steigenden Energiepreise waren
für das Verbraucherministerium NRW Anlass, im Oktober 2012 den Startschuss für
das Projekt 'NRW bekämpft Energiearmut' zu geben. Verbraucherzentrale NRW und
regionale Energieversorger bieten Rechts- und Budgetberatung nun – neben
Wuppertal - auch in Aachen, Bielefeld, Köln und Krefeld an. Ab 1. Januar
2013 folgen Bochum, Dortmund und Mönchengladbach", erläutert
Verbraucherminister Johannes Remmel. Das Verbraucherschutzministerium stellt
für das bis 2015 befristete Projekt Finanzmittel in Höhe von rund 1,5 Millionen
Euro zur Verfügung. Die teilnehmenden Stadtwerke in den acht Modellkommunen
beteiligen sich anteilig an den Kosten der jeweiligen Beratungsangebote.
"In einkommensarmen oder überschuldeten Haushalten, wo weder
Rücklagen vorhanden sind noch nennenswerte Einkünfte über dem
Pfändungsfreibetrag erreicht werden, wird das Inkasso von Außenständen bei
Energiekosten zum Bumerang: Es fallen dann zusätzlich Kosten für Mahnverfahren,
Unterbrechung der Energielieferung und die erneute Freigabe der Versorgung an –
die die Betroffenen angesichts ihrer Überschuldung ebenfalls nicht zahlen
können", beschreibt Andreas Feicht, Vorstandsvorsitzender der WSW die
Motivation des Unternehmens, Energieschulden von Haushalten durch gezielte
zeitnahe Beratung und Betreuung durch die Verbraucherzentrale in Wuppertal
dauerhaft zu regulieren und zu vermeiden.
Allerdings: Im Beratungsalltag hat sich gezeigt, dass in die
Jahre gekommene energiefressende Haushaltsgeräte gerade der Stromrechnung von
Haushalten mit geringen Einkommen kräftig einheizen.
Die Anschaffung eines
sparsamen Modells können diese aus eigener Kraft jedoch nicht stemmen. Mit
einem Austauschprogramm für Kühlschrank-Oldies wollen die WSW hier nun erneut Vorreiter
sein: Ab sofort können Transferleistungsbezieher, Rentner, Studenten und
sonstige Haushalte mit Niedrigeinkommen im Rahmen eines Mini-Contractingmodells
ihrem Stromfresser die rote Karte zeigen und ein Modell der
Energieeffizienzklasse A++ Einzug halten lassen. WSW-Kunden kostet die
Investition in die stromsparende Gerätegeneration monatlich zehn Euro – zu
zahlen über einen Zeitraum von 27 Monaten. WSW liefern das energiesparende
Gerät ins Haus und gewähren eine dreijährige Garantie. Sollte der Kühlschrank
während dieser Zeit streiken, wird er kostenfrei ersetzt. Natürlich sind
Abholung und umweltgerechte Entsorgung des Oldies inklusive. Der
auszutauschende Geräte-Methusalem muss mindestens zehn Jahre alt sein. 100 Kühlschränke
stehen im Austauschprogramm auf Abruf.
„Würde das Gerät etwa im Internethandel erworben, wären dafür
rund 340 Euro fällig. Das Angebot der WSW ist somit eine lohnende Option – die
obendrein ab dem Austauschzeitpunkt eiskalt Stromkosten einspart", zeigt
sich NRW-Verbraucherzentralenvorstand Klaus Müller überzeugt, in der
Kombination von Rechts- und Budgetberatung und Austauschprogramm eine
Win-win-Situation für alle Beteiligten aufzulegen: „Die Verbraucherzentrale in Wuppertal
informiert Ratsuchende, die für die Teilnahme am Kühlschrank-Austauschprogramm
in Frage kommen, über das WSW-Angebot und dessen Modalitäten. Darüber hinaus
prüft sie, ob Betroffene die monatliche Verpflichtung auch schultern können.
WSW und potentieller Kundenkreis können so zielgerichtet zusammenkommen. Und
die künftigen Einsparungen beim Energieverbrauch entlasten das Portemonnaie der
Verbraucher sowie das Klima. Aber auch den Versorger, der in Folge niedrigerer
Stromrechnungen keine Außenstände in Haushalten mehr eintreiben muss, die diese
wegen ihrer knappen Finanzen ohnehin nicht bedienen können."
Stand: 05/12/12