19. November 2012

Faszinierende Welt der Fossilien


Das Skelett von Plateosaurus aus Frick
ausgestellt im Sauriermuseum Frick im Kanton Aargau (Schweiz).
(c) Foto: Georg Oleschinski/Uni Bonn


200 Jahre Forschungstradition

Einen Einblick in die faszinierende Welt der Fossilien gibt der Festband „Paläontologie“, der anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Paläontologischen Gesellschaft erscheint. Unter den maßgeblichen Herausgebern sind renommierte Wissenschaftler der Universität Bonn. 72 Autoren verschiedener Institutionen schöpfen aus mehr als 200 Jahren Forschungstradition und bieten zugleich ein lebendiges Bild aktueller paläontologischer Forschung.

Prof. Dr. Otto Jaekel (1863-1929) rief im Mai 1912 zur Gründung der Paläontologischen Gesellschaft auf. Der Initiative des Gelehrten der Universität Greifswald folgten 130 Personen aus dem In- und Ausland, darunter auch zwei Frauen. Prof. Jaekel kämpfte um die Anerkennung der Paläontologie als eigenständige Wissenschaftsdisziplin.

Linker Unterkieferast von Haldanodon exspectatus:
Die abgeschliffenen Zähne zeigen, dass das Tier wie ein Maulwurf
unterirdisch auf Beutefang ging. (c) Foto: Georg Oleschinski/Uni Bonn
Mit Erfolg: In den vergangenen 100 Jahren hat sich die Paläontologie zu einer modernen Naturwissenschaft entwickelt, die mit neuesten Methoden - etwa der Mikro-Computertomographie und dreidimensionalen Bildanalysen - zu einem Erkenntnisschub geführt hat. Als moderne Naturwissenschaft im Spannungsfeld zwischen Geo- und Biowissenschaften leistet die Paläontologie heute wichtige Beiträge zur Lösung drängender Probleme wie Klimawandel und Verknappung fossiler Energieträger.

100-jährigen Bestehens der Paläontologischen Gesellschaft

Ihr 100-jähriges Bestehen nimmt die Paläontologische Gesellschaft nun zum Anlass, einen üppig gestalteten Festband herauszugeben. Das Buch wendet sich an alle naturwissenschaftlich Interessierten, die sich für die Schönheit von Fossilien begeistern. In Bild und Text werden jeweils auf einer Doppelseite herausragende Funde vorgestellt, darunter etwa das größte Dinosaurierskelett der Welt, der Brachiosaurus brancai im Lichthof des Museums für Naturkunde in Berlin. In den Beschreibungen stehen neben ausführlichen Informationen zum Exponat auch die Geschichten im Mittelpunkt, die sich hinter dem jeweiligen Fossil verbergen. So beleuchtet Prof. Dr. Thomas Martin, Paläontologe an der Universität Bonn, ein ungewöhnliches Säugetier aus der Jurazeit, das vor 155 Millionen Jahren wie ein Maulwurf lebte, ohne mit den Maulwürfen näher verwandt zu sein – also eine Art fossiles „Déjà-vu“.

Prof. Dr. Wighart von Koenigswald, ebenfalls Paläontologe an der Universität Bonn, beschreibt die Hintergründe zu den Urpferdchen von Messel, die es sogar als Motiv auf eine Briefmarke schafften. Prof. Dr. Martin Sander, Wissenschaftler an der Bonner Alma mater, geht auf eine Detektivgeschichte ein: Der scherzhaft wegen seiner Länge als „schwäbischer Lindwurm“ bezeichnete Plateosaurus engelhardti wurde bei Trossingen auf der schwäbischen Alb gefunden. Die Fossilien lagerten in auffallend ähnlicher Bauchlage. Die Wissenschaftler deuten nach ihrer detektivischen Spurensuche diesen Befund: Die Plateosaurier sind offensichtlich im Schlamm stecken geblieben und dort verendet.

Baltisches Bernstein: Den Baltischen Bernstein und seine Einschlüsse stellen Jonina Strelow und Prof. Dr. Jes Rust von der Universität Bonn vor. Beim Bernstein handelt es sich um ein fossiles Harz, das sich in Sedimente eingebettet unter Luftabschluss verfestigt hat. Die dreidimensionalen und in großer Detailfülle überlieferten Funde geben äußerst ästhetische Einblicke in die Lebewelt vor 40 bis 50 Millionen Jahren. Wie ein modernes Kunstwerk wirkt eine Aufnahme fossiler Pollenkörner, die Prof. Dr. Thomas Litt vom Bonner Steinmann-Institut beschreibt. Der mikroskopische kleine Blütenstaub hat eine widerstandsfähige Außenhülle und überdauert auf dem Grund von Seen und Mooren mühelos Jahrtausende. An ihm lässt sich die Vegetations- und Klimageschichte der Vergangenheit ablesen.
Mücke im Baltischen Bernstein
aufgenommen mit einem konfokalen Laser-Scanning-Mikroskop.
(c) Foto: Jes Rust/Uni Bonn

Museen und Sammlungen

Die vorgestellten Fossilien stammen aus 30 Museen und Sammlungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. 72 Autoren haben mit ihrem Fachwissen zum Gelingen des Buches beigetragen. Die Bilder bestechen durch eine eigentümliche Ästhetik, darunter etwa Zeugnisse von Millionen Jahre alten Bakterienkulturen.

Publikation: Thomas Martin, Wighart von Koenigswald, Gudrun Radtke, Jes Rust (Herausgeber): Paläontologie – 100 Jahre Paläontologische Gesellschaft, Verlag Dr. Friedrich Pfeil München, 192 Seiten, 134 Abbildungen, 24,90 Euro, ISBN 978-3-89937-152-9