Siebenundneunzig Prozent aller Verträge, die private Bauherren mit
Generalunternehmern oder Bauträgern abschließen, haben Mängel. Zu diesem
Ergebnis kommt die Studie "Schlüsselfertig Bauen - Die Bauverträge mit
privaten Bauherren in der Praxis", die am Dienstagabend (20. November) im Rahmen
eines Symposiums in den Räumen des Deutschen Bundestags präsentiert
wurde. Die Studie, herausgegeben vom Institut Privater Bauherren, belege
erhebliche Lücken im Bereich des Verbraucherschutzes, betonte Thomas
Penningh, Präsident des Verbands Privater Bauherren (VPB), in seiner
Begrüßungsrede auf dem Symposium. Er sieht mit der Studie die seit Jahren vom VPB beobachteten Probleme beim privaten Bauen wissenschaftlich bestätigt.
Die Autoren der Studie, die Berliner Rechtsanwälte Stefan Bentrop und
Ingmar Benger, haben 117 Standardverträge untersucht, die in den Jahren
2003 bis 2012 von Generalunternehmern und Bauträgern Kunden vorgelegt
wurden. Ihr Ergebnis: Gerade das Argument der Kostensicherheit, mit dem
Bauträger und Generalunternehmer um Bauherren werben, trägt nicht. Im
Gegenteil: "Unerwartete Zusatzausgaben aufgrund unvollständiger
Leistungsbeschreibungen sind üblich", erläutert Thomas Penningh. Oft
genug seien wesentliche Dinge, wie etwa Erdaushub oder Hausanschlüsse
gar nicht Vertragsbestandteil.
Diese für ein bewohnbares Haus aber unverzichtbaren Leistungen müssten
zusätzlich aufgebracht werden und belaufen sich schnell auf 50.000 Euro
und mehr, so der VPB-Präsident. Eine Summe, die der Bauherr gleich zu
Beginn aufbringen muss, und die er an anderer Stelle wieder einspart,
nach Erfahrung des VPB oft im Bereich der Energieeffizienz.
Die Mängel und Unsicherheit beim Leistungsumfang werden laut Studie
durch Änderungsvorbehalte verschärft, die immerhin in 76 Prozent aller
Verträge enthalten waren und dem Unternehmen einseitige Änderungen am
Leistungsumfang erlaubten. Bei 60 Prozent der Verträge galt außerdem der
vereinbarte Festpreis nur für eine bestimmte Frist und konnte
anschließend verändert werden. Selbst wenn Preisanpassungsklauseln
vereinbart waren, seien sie häufig durch unzulässige
Vorbehaltsregelungen wieder konterkariert worden, resümiert die Studie.
Neben dem beworbenen Festpreis ist der fixe Einzugstermin ein Argument,
warum Bauherren sich für schlüsselfertige Objekte entscheiden. Auch hier
bleibt die Werbung hinter der Realität zurück: Laut Studie vermieden es die Unternehmen oft, konkrete
Fertigstellungstermine zu nennen. Lediglich in 17 Prozent aller Verträge
waren sie vorgesehen. In 50 Prozent aller Fälle wurde die Bauzeit nur
in Monaten und Wochen angegeben. Vertragsstrafen für verzögerte
Fertigstellung sahen nur 26 Prozent der Verträge vor; die Strafen waren
zudem sehr niedrig. Die Klauseln berauben den Bauherrn auch der Chance,
weitere Schäden geltend zu machen. Die Studie belegt außerdem, wie
Bauherren durch die Zahlungspläne in Generalunternehmer- Verträgen
benachteiligt werden: Sie werden durch unangemessen hohe Zahlungen zur
Vorkasse gedrängt.
Privater Hausbau, so erinnerte der VPB-Präsident, sei ein wesentlicher
Motor der Konjunktur. "Die privaten Bauherren sind die wichtigsten
Auftraggeber der mittelständischen Bauwirtschaft. Sie schreiben auch
nicht europaweit aus, sondern vergeben ihre Aufträge regional. Und sie
puffern mit ihren Aufträgen konjunkturelle Schwankungen ab. Gerade
deshalb ist es wichtig, dass Privatleute, die in der Regel mit einem
Haus die größte Investition ihres Lebens planen, nicht durch
ungenügenden Verbraucherschutz zur Aufgabe ihre Baupläne gezwungen
werden." Der VPB-Präsident forderte die zuständigen Ministerien auf,
aktiv zu werden. "Im Reiserecht haben wir heute einen hervorragenden
Verbraucherschutz, im Bereich des privaten Bauens fehlt er noch - dabei
ist das Risiko beim Bauen sicher deutlich existenzieller als bei einer
Urlaubsreise."
Professor Jochen Glöckner, Inhaber des Lehrstuhls für Deutsches und
Europäisches Privat- und Wirtschaftsrecht und wissenschaftlicher Beirat
des Instituts Privater Bauherren, sagt in seinem Vorwort zur Studie
"Jedenfalls wird vor dem Hintergrund der erheblichen Zahl ausgewerteter
Formularverträge und der aufgedeckten Mängel kaum noch angenommen werden
dürfen, etwaige Probleme gingen allein auf vereinzelte "schwarze
Schafe" in der Branche zurück."