18. November 2012
Fruchtgemüse in Deutschland: Marktchancen für heimische Erzeugung
Tomaten, Gurken und Paprika gelten als Fruchtgemüsearten und sind für den Handel von besonderem Interesse, weil sie für mehr als 40 Prozent der Verbraucherausgaben bei Frischgemüse stehen. Aus 117 Euro Gemüse-Etat zahlen die Kunden für Tomaten 23, für Paprika 13 und für Gurken sieben Euro pro Person und Jahr an der Ladenkasse. Nur das Edelgemüse Spargel drängelt sich mit zehn Euro noch unter die Top 4. Die Herkunft aus Deutschland hinkt der Vermarktung jedoch hinterher. Zwischen 2003 und 2012 stieg der Anteil des deutschen Fruchtgemüses lediglich von 17 auf 21 Prozent.
Dr. Hans-Christoph Behr von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft AMI blickte auf dem 3. Europäischen Obst- und Gemüseforum in Berlin noch genauer hin: In den vergangenen fünf Jahren stieg der Selbstversorgungsgrad bei Tomaten nur von sechs auf acht Prozent. Bei Salatgurken liegt er um die zehn Prozent. Und bei weniger als einem Prozent Paprika aus deutscher Produktion, kommen die Verbraucher gar nicht erst auf die Idee, dass dieser auch aus Deutschland kommen kann.
Behr zeigte anhand einer Marktanalyse bei Tomaten, dass ein regionales Potenzial mit einem Preisaufschlag vorhanden ist. Aber nur die Hälfte der Ware wird auf ein Anbaugebiet bezogen angepriesen, die andere Hälfte bleibt "anonym deutsch". Preisvorteile über die Regionalität sind daher nicht konstant: "Regionalität bei Tomaten ist ein Thema und wird oft mit einem Premiumpreis angeboten. Das muss aber nicht sein." Oftmals gleichen sich die Preise eine Woche später wieder an.
Für die Produzenten besteht also deutlich Luft nach oben. Mit knapp 80.000 Tonnen stammt nur jede zehnte Tomate aus Deutschland. Und Paprika wird lediglich auf 45 Hektar angebaut.
Diese Chance hat Johannes Bliestle genutzt. Auf Anfrage eines Lebensmittelhändlers, der neue Produktdifferenzierungen sucht, hat der Geschäftsführer der Reichenau-Gemüse eG auf dem Festland im Hegau 2011 eine elf Hektar große Gewächshausanlage hochgezogen, die einmal 3.100 Tonnen Paprika für Baden-Württemberg und Bayern produzieren wird. Die erste Ernte ist gerade zu Ende gegangen und schon planen die Gemüsebauer von der Bodenseeinsel zusammen mit Bioland drei Hektar Gewächshausfläche für Bio-Gurken.
Text/Quelle: Roland Krieg, www.aid.de