29. November 2012

Ticketversicherungen: Teuer und überflüssig

Was bei Pauschalreisen Usus ist, hat nun auch beim Ticketverkauf für Konzert- und Sportveranstaltungen Einzug gehalten: die Rücktritt-Versicherung. Zu der werden Kunden immer öfter beim Vorverkauf via Internet gedrängt - bisweilen mit fragwürdigen Methoden. Die Policen sind teuer wie überflüssig, warnt die Verbraucherzentrale NRW.

Ob Tote Hosen rocken oder Chippendales strippen, ob Mark Knopfler in die Seiten oder Elton John in die Tasten greift - stets droht Zuschauern, dass sie ihr vorgebuchtes Konzert verpassen: etwa wegen Krankheit oder anderer Unpässlichkeiten. Der Eintrittspreis ist dann futsch. Doch da ist neuerdings die Rücktritt-Versicherung vor. Die wird mittlerweile der Kundschaft von vielen Online-Ticketverkäufern beim Vorbuchen der Eintrittskarten angedient. Dahinter stecken zumeist Produkte der Europäischen Reiseversicherung AG (ERV) und der HanseMerkur. Und das zu äußerst unterschiedlichen Preisen. Das zeigt eine Stichprobe der Verbraucherzentrale NRW bei zehn Ticketverkäufern.

Via Eventim und Ticketonline gibt’s die ERV-Police ab einmalig 1,20 Euro (Karten bis 50 Euro). Satte 14 Euro muss berappen, wessen Billet mehr als 250 Euro kostet. Ein anderes Preis-Modell verhökert Eintrittskarten.de. Hier beginnt der ERV-Schutz bei vier Euro (Karten unter 40 Euro) und endet bei sieben (bis 200 Euro). Im ungünstigen Fall wird so ein möglicher Kartenverlust von 12 Euro mit vier Euro bezahlt. HanseMerkur-Policen wiederum fand die Verbraucherzentrale NRW für Karten unter 50 Euro ab 1,40 Euro (ticketcenter.de) bis hin zu stolzen 45 Euro für Tickets über 1000 Euro (metaltix.com).

Ärgerlich: Vorverkaufs-Portale wie Eventim, Ticketonline und Getgo haben die Policen bereits mit einem Häkchen voreingestellt. Kunden müssen sie aktiv aus ihrem Warenkorb entfernen. Wer da nicht genau hinschaut, muss zahlen. Die Häkchen-Fallen dürfen hierzulande voraussichtlich noch bis zum nächsten Jahr aktiv bleiben. Dann erst wird eine EU-Richtlinie ihnen den Garaus bereiten. Doch egal, ob mit oder ohne Häkchen: Verbraucherschützer halten die Neuerung schlicht für eine überflüssige Idee. Geschützt werden sollten per Police in erster Linie existenzielle Risiken. Sinnvolle Produkte sind die Privat-Haftpflicht für jedermann oder die Risiko-Lebensversicherung für den Familienernährer.

Wer Toaster und TV, Fön und Fritteuse mit einem Reparaturschutz versieht, wer Brille und Handy, Aquarium und Autoreifen extra versichert, wird immense Beiträge für zahlreiche Kleinst-Risiken, wie ein ungenutztes 30-Euro-Ticket, blechen müssen. Obendrein sind hier Voraussetzungen zu beachten: So ist bei Krankheit und Verletzung stets ein ärztliches Attest beizubringen. "Lockerung oder Verlust von Prothesen aller Art" sind bei der Hanse Merkur ausdrücklich kein Grund für eine Leistungsübernahme. Besonders dreist in der Stichprobe kam Ticketcenter.de daher.

Das Portal vertickte gleich drei verschiedene Policen rund um den Kartenkauf. Zum Rücktritt- gesellten sich hier noch Versand- und Ausfall-Schutz. Dabei gilt: Das Versandrisiko trägt auch ohne Police immer der Verkäufer. Und beim Ausfall des Konzerts gibt es das Geld fürs Billet vom Veranstalter retour. Allein Gebühren und Versand werden von Ticketcenter erstattet. Wichtig deshalb der Hinweis: Wie für jede andere Versicherung gilt auch für die Ticketversicherung ein 14-tägiges Recht auf Widerruf des Vertrages.

Stand: 28/11/2012